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„Spotlight“: Die Groer-Affäre als historischer Tabubruch

in TV & Filme

Profil, 12. 3. 2016  von Josef Votzi

Vor 20 Jahren outete profil den Wiener Kardinal Hans Hermann Groer als Kinderschänder. Der damalige profil-Chefredakteur Josef Votzi über einen historischen Tabubruch.

Boston, 1976. Erste Szene, eine Rückblende. Ein Geistlicher sitzt in einem Polizeigebäude zur Einvernahme. Dialog zwischen zwei an der Untersuchung beteiligten Männern. Der eine fragt besorgt: „Bei Anklage wird die Presse da sein.“ Der andere: „Welche Anklage?“
Schnitt. Der Priester wird durch den Seitenausgang zu einem wartenden Auto gebracht.

Boston 2001. Das Investigationsteam des „Boston Globe“ hat seinen Arbeitsplatz im Keller des Redaktionsgebäudes. Die vier Reporter frönen aber als Einzige dem Luxus, sich ihr Rechercheprojekt sorgfältig auswählen und ein Jahr lang daran arbeiten zu können.

„Spotlight“, 2016 mit dem Oscar für den besten Film ausgezeichnet, ist eine Hommage an die Tugenden des US-Journalismus: check, recheck, double-check. Und ein Hohelied auf die Ära, als Zeitungsredaktionen noch aus dem Vollen schöpfen. Im Newsroom wimmelt es von nachrichtenhungrigen Journalisten. An der Spitze Blattmacher, die sich der Enthüllung von Skandalen und Aufklärung von Missständen verschrieben haben.
Als beim „Boston Globe“ ein neuer Boss einzieht, beauftragt er sein Aufdeckerteam „Spotlight“ mit der Aufklärung eines Missbrauchsfalls in der katholischen Kirche, über den der „Globe“ bisher nur im Lokalteil unter ferner liefen berichtete.

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